Auftraggeber:
Stadt Lemgo (Wettbewerb)
Standort: Lemgo-West/Lieme
Zeitraum: 2025
Themen:
Cluster-Konzept
nachhaltige Materialien
polyvalente Angebote
Moderne Grundschule – nachhaltige Lernräume
Wettbewerbsbeitrag für die Neukonzeption der Grundschule Lemgo-West
zusammen mit Roedig.Schop Architekten und Chora Blau Landschaftsarchitektur
In Zusammenarbeit mit Hochbau- und Landschaftsarchitekten hat unser Büro am Wettbewerb für die Grundschule in Lemgo-West teilgenommen. Das dortige Schulgebäude ist zu klein geworden und erfüllt nicht mehr die Anforderungen an eine moderne Lernumgebung. Ein umfassendes und gut durchdachtes Raumprogramm wurde den Teilnehmenden für den Wettbewerbsbeitrag mitgegeben. Ob Neubau, Anbau, Aufstockung oder Ersatzbau – die Lösung wurde absichtlich offen gelassen.
Kreislaufgerechte Aufstockung mit Holzbau und Gebäudebegrünung
Der Wettbewerbsentwurf nutzt einen Teil der bestehenden Baustruktur im Erdgeschoss und ergänzt diese um ein Voll- und ein Halbgeschoss in Holz. In diesem Entwurf konnten sogar Flächen entsiegelt werden. Das angebotene Grundstück für einen Neubau wurde nicht in Anspruch genommen. Baumaterial aus dem Teilabriss ist im Entwurf wiederverwendet worden.
Flexible Nutzung für Schulbetrieb und Öffentlichkeit
Im Erdgeschoss gibt es große Räume, die nicht nur von der Schule genutzt werden. Die Aula mit Bühne im Anschluss an den Musikraum, die Mensa und die Bibliothek können auch als Veranstaltungsräume für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und unter anderem auch am Abend oder sogar am Wochenende mit Leben gefüllt werden. Ein Angebot ist auch die große Freitreppe im Eingangsbereich: Ob als Bühne für den Chor oder für Klassenfotos oder als unkonventionelle Arena-Sitzgelegenheit und für Pausen ist sie mehr als nur ein Erschließungsweg.
Die Schule selbst ist als Offene Ganztagsschule konzipiert. Somit sind die Räume auch für die Nachmittagsbetreuung ausgelegt. Die Mehrfachnutzung sowohl ganztägig innerhalb des Schulbetriebs als auch am Abend und ggf. auch am Wochenende macht das Gebäude zu einem Begegnungsort innerhalb des Stadtteils. Gleichzeitig bietet die Trennung zwischen Unterrichtsräumen (in den Obergeschossen) sowie Gemeinschaftsräumen, Technik und Verwaltung (im Erdgeschoss) Sicherheit und Ruhe für die Lernphasen.
Innenarchitektur-Schwerpunkt Clusterbereich
In der Schule sollte das Cluster-Konzept angewendet werden. Dies bedeutet, dass vier Klassen in einem gemeinsamen Gebäudeabschnitt beheimatet sind und sich Garderobe, WC, Versammlungs- und Bewegungsraum, Teambüro für die Lehr- und Betreuungskräfte sowie einen Nachmittagsbereich (Hortraum/OGS-Raum) teilen. Zusätzlich befinden sich zwischen jeweils zwei Klassenzimmern sogenannte Differenzierungsräume. Hier werden Förderunterricht und zusätzliche Lernangebote von den Kindern genutzt. Der Blickkontakt in die Klassenräume ist durch Innenfenster gewährleistet.
Die lose Möblierung in den Klassenräumen erlaubt verschiedene Anordnungen – etwa klassischen Frontalunterricht, Gruppenarbeit oder eine Konferenzsituation. Im Gegensatz zum beweglichen Mobiliar der Klassenzimmer sind im gemeinsamen Mittelbereich feste Einbauten vorgesehen, die im Sinne Hermann Hertzbergers „polyvalente“ Angebote machen. Ein Podest kann Insel, Hügel oder Hafenpier sein. Eine Vertiefung mit Sitzsäcken ist vielleicht ein Teich, eine Lese- und Kuschelecke oder wird zum Boot interpretiert. Ein Weidenpavillon bietet Rückzug – er kann eine Höhle oder ein Haus sein. Am Eingang befindet sich ein abstrahierter Baum, der wechselnde saisonale Dekoration, Gebasteltes oder Fotos präsentieren kann.
Die Klassenräume sind großzügig verglast um Weite, Durch- und Ausblick zu erzeugen. Für die Sicherheit und Barrierefreiheit sind bereits Glasbeklebungen mitgedacht. In Vitrinen in der Trennwand zwischen Klassenzimmer und Gemeinschaftsbereich werden Bastelarbeiten und Bilder präsentiert. Oberlichter und Glasfassaden erhellen den Mittelteil zusätzlich mit Tageslicht.
Biophiles Konzept: Nachhaltige und gesunde Materialien und Verbindung zum Außenraum
Neben hellem Holz kommen verschiedene Linoleum-Beläge in Grün sowie Erd- und Terracotta-Tönen zur Anwendung. Zur Verbesserung der Raumakustik ist die Decke mit Holzwolleplatten im Naturton belegt. Die Klassenzimmer selbst sind farbig hervorgehoben und haben große Zahlen zur Orientierung, ähnlich einer Hausnummer.
Über die überdachten Balkone und Freitreppen haben die Kinder Zugang zum Außenraum und zu frischer Luft, auch bei Regenwetter. Das Retentionsdach mit Begrünung und Photovoltaik ermöglicht auch Unterricht im Freien für die im Obergeschoss angeordneten Lernräume für Kunst und Naturwissenschaften. Für das Gelände, das große Höhenunterschiede aufweist, wurde von chora blau ein aufwändiges Landschaftskonzept mit vielerlei Funktionen und Mehrfachnutzungen entwickelt. Dabei wurden Bestandsbäume erhalten und ein Grünzug als Verbindung zwischen Ort und umgebender Landschaft angelegt.
Interdisziplinäres Arbeiten
Die Zusammenarbeit zwischen Hochbauarchitektur, Innenarchitektur und Landschaftsarchitektur hat viel Spaß gemacht und zeigte, dass jede Fachrichtung ihre speziellen Kompetenzen und jeweilige Denkweise als wertvolle Aspekte einbringt. Wir begrüßen insbesondere die Vorgabe, ein Innenarchitekturbüro einzubinden, und werben für solche interdiszipinären Kooperationen. Mit dem Ergebnis waren wir alle zufrieden. Im Wettbewerb verpasste die Arbeitsgruppe nur knapp eine Anerkennung.
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