Das Bad für alle – Barrierefreiheit attraktiv umgesetzt

Bad barrierefrei mit Dusche und Waschbecken von Innenarchitekten in Berlin

Wenn es im Planungsbüro um barrierefreie Bäder geht, gehen die Gedanken meist sofort in Richtung Abstandsflächen für Menschen im Rollstuhl, Unterfahrbarkeit und Haltegriffe am WC. Schnell kommen die üblichen genormten Ausstattungsgegenstände zur Anwendung – sicher ist sicher!
Denken wir jedoch das „Bad für alle“ im Sinne des Universal Design und soll dazu eine ansprechende, wohnliche Raumstimmung entstehen, so eröffnen sich neue Fragestellungen, aber auch kreative Lösungsmöglichkeiten. Bad barrierefrei.

Grundriss Bad barrierefrei von Innenarchitekten in Berlin

Vor einigen Jahren wurde im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg eines der letzten alten Mietshäuser modernisiert. Die Mietergenossenschaft Selbstbau e.G. hatte das Gründerzeitgebäude übernommen. Mit Hilfe umfangreicher Förderung, u.a. von zwei Bundesministerien, konnte hier bezahlbarer Wohnraum für alte und neue Bewohner und Bewohnerinnen erhalten werden. Dazu kam der Anspruch, generationsübergreifend, altersgerecht und barrierefrei zu planen und zu sanieren. Gemeinschaftliches Wohnen und nachbarschaftliche Hilfe standen im Vordergrund. Zusätzlich zum aufwändigen Gesamtumbau, geplant und begleitet vom Architekten Woo-Jung Son (ai3-Architekten), entstand im Erdgeschoss eine Musterwohnung mit angeschlossenem Veranstaltungsraum als Ergebnis eines Gestaltungswettbewerbs. Diesen konnte unser Büro raumdeuter für sich entscheiden. Die Herausforderung war, in der recht dunklen und kleinteiligen Fläche alle Funktionen mit genügend Bewegungsraum, regelkonform und mit gastlicher Atmosphäre unterzubringen.
Diese Räume sind nicht nur Vorzeigeobjekt für eine attraktive barrierefreie Ausstattung, sondern werden von der Hausgemeinschaft und ihren Gästen bis heute aktiv und gern genutzt.

Bad mit WC, barrierefreies Bad geplant von Innenarchitekten in Berlin

Was bedeutet nun barrierefreies Bauen für alle, insbesondere im Sanitärbereich?
Im gesamten Projekt wurde selbstverständlich auf genügend Bewegungsfreiheit und schwellenlose Böden geachtet. Während in den Wohnbereichen pflegeleichter Kautschuk verlegt wurde, ist die Farbgebung passend zum Konzept als Fliesenbelag in Küchenbereich und Bäder fortgeführt. Durch die gleiche Farbgebung in allen Räumen erscheint die Musterwohnung als fließende Einheit. Zudem werden starke Kontraste vermieden, die von manchen Personen mit Sehbeeinträchtigung oder psychischen Einschränkungen als Stufe oder Höhenwechsel (und somit nicht vorhandene, irritierende Stolperfalle) wahrgenommen werden könnten. Aus dem gleichen Grund wurde eine spiegelnde, glänzende Oberfläche ausgeschlossen. Die Rutschfestigkeit wird im Duschbereich durch den Wechsel ins Mosaikformat zusätzlich verstärkt.

Dusche für ein barrierefreies Bad geplant von Innenarchitekten in Berlin

Sehbeeinträchtigungen spielten auch bei der Entscheidung für die Wandgestaltung eine Rolle. In der gesamten Wohnung ist ein kontrastreicher farbiger Wandstreifen angelegt, auf dem wichtige Schalter, Bedienelemente und Armaturen angeordnet sind. So wird die Orientierung im Raum erleichtert. Dieser Streifen zieht sich als farbiger Mosaikstreifen auch bis in Bad und WC und hebt sich von dem warmen und wohnlichen, dabei aber hellen Beige der Wandfliesen ab.

Der Zugang zum Hauptbad wurde mit einer Schiebetür im Systembausatz umgesetzt. Um den Wandfliesen auch bei Erschütterungen durch die Nutzung einen gewissen Bewegungsspielraum zu lassen, ist ein kleineres Fliesenformat angeraten. So setzt sich die beige Wandfarbe hier als Mosaik fort.

Während der Detaillierung der Planung wurde gemeinsam mit den Auftraggebern entschieden, die Ausstattung möglichst niedrigschwellig und unkompliziert zu halten. Es wurde auf technische Demonstrationen etwa von elektrisch höhenverstellbaren Waschtischen oder gar verfahrbaren WCs verzichtet. Während das WC klassisch mit ästhetisch ansprechenden Haltegriffen angelegt ist (die von Besuchern ggf. auch profan als Handtuchhalter verwendet werden können) und die Bedienung wie schon weitgehend üblich durch einen gesonderten Spültaster in Reichweite erleichtert wird, wurde der Waschtisch individuell geplant: Die Platte aus Mineralwerkstoff liegt auf einer Seite auf einer Konsole auf, die ebenfalls auch als Handtuchhalter genutzt werden kann. Durch die Verwendung eines Aufsatz- und eines Halbeinbaubeckens entstehen automatisch zwei Höhen, so dass Personen im Rollstuhl, kleine Menschen und Kinder das eine, alle anderen das andere Becken nutzen können. Das Schränkchen aus Bambus führt das Materialkonzept der gesamten Wohnung fort; die großen weißen Möbelgriffe unterstützen wiederum Erkennbarkeit und leichte Handhabung. Der Spiegel des Badschrankes ist nach unten gezogen, um auch sitzenden Personen den prüfenden Blick zu gewährleisten.

Ansichten Bad barrierefrei von Innenarchitekten in Berlin

Ebenso „universell“ ist die geflieste Sitzbank im Duschbereich. Wünschen wir uns nicht alle zeitweise, bei der Körperpflege sitzen zu können, etwa beim Füße waschen? Ist es nicht praktisch, kleine Kinder auf der Bank sitzen oder stehen zu lassen, wenn man ihnen beim Waschen hilft? So ist diese Bank nicht nur für Pflegebedürftige sinnvoll und sieht vor allem in Verbindung mit dem Farbverlauf des Wandmosaiks auch noch richtig gut aus.

Besondere Aufmerksamkeit sollte man den Armaturen schenken. In diesem Fall bietet die Dusche einen erreichbaren „Parkplatz“ für den Duschkopf, integrierte Haltegriffe und eine gut lesbare und leicht bedienbare Druckbetätigung. Armaturen mit Mischhebeln und Temperaturbegrenzung für die Sicherheit erleichtern den Alltag nicht nur für Kinder, Menschen mit Arthritis und Rheuma oder sehbeeinträchtigte Personen.

Für gute und blendfreie Ausleuchtung im Raum sorgen Decken- und Spiegelleuchten mit satiniertem Glas. Ein interessantes Detail: Der barrierefrei gestaltete WC-Bürsten-Halter soll laut Hersteller die Greifbarkeit der Bürste erleichtern.

Fazit: Auch in einem verschachtelten Altbau lassen sich mit individueller Planung ansprechende und gleichzeitig barrierefreie Sanitärbereiche umsetzen! Gestaltung für alle bezieht dabei vielfältige, individuelle Anforderungen und Bedürfnisse ein.

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Dieser Artikel erschien zuerst als Beitrag in der Fachzeitschrift SBZ des Sanitär- und Installateurhandwerks, Ausgabe 5/2023
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